Dass das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die diversen Klagen gegen den Fehmarnbelttunnel und seine Planung rundherum und nüchtern abschmettert und dieses gigantische Projekt ohne größere Auflagen durchwinkt, hat uns überrascht und tief erschüttert. Wir sind schockiert und zugleich unendlich traurig.
Das Gericht hat sich dabei immer wieder auf den deutsch-dänischen Staatsvertrag zur festen Fehmarnbeltquerung bezogen und so allein die Rechtmäßigkeit der Planung geprüft. Es hat dagegen nicht geprüft, ob die Voraussetzungen, die bei Vertragsunterzeichnung bestanden, so heute überhaupt noch gegeben sind. Und es scheinen auch Umweltfragen keine große Rolle gespielt zu haben.
Dass das Bundesverwaltungsgericht ein so umfassendes Verfahren in so kurzer Zeit und so harsch eindeutig und ohne die Formulierung gravierender Auflagen durchwinkt, hat es wohl noch nicht gegeben. Wir tippen: Der empfundene Druck muss gewaltig gewesen sein.
Ein schwarzer Tag für die Ostsee
Malte Siegert vom NABU, der das Mammut-Projekt seit Jahren kritisch begleitet, schätzt die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts so ein: “Die Fehmarnbeltquerung kommt. Das Bundesverwaltungsgericht hat alle Klagen abgewiesen. Das ist ein schwarzer Tag für die Ostsee. Das Gericht hat nicht die Aufgabe, die Richtigkeit politischer Entscheidungen zu bewerten (z.B.: Sind täglich 5.000 Fahrzeuge für einen 8 Milliarden-Euro-Tunnel angemessen? Hätte es ein reiner Bahntunnel auch getan?). Es urteilt primär über die Rechtmäßigkeit von Planung. Ja, der Deutsche Bundestag hat den Staatsvertrag 2008 abgesegnet. Der ist Gesetz. Das Gericht bewertet nicht, dass sich die Welt seither verändert hat. Das wäre Aufgabe der Politik. Klimawandel, Mobilität, Artenschutz,…: Themen, die die Politik regelmäßig neu im Zusammenhang mit ökologisch wie ökonomisch waghalsigen und antiquierten Mammutprojekten bewerten müsste.
Dass sie das nicht tut (A 49, A 26 Ost, A 39, Fehmarnbeltquerung), während solche Vorhaben nicht umgesetzt sind, ist der eigentliche Skandal. Frau Merkel beschwörte noch Ende Oktober den internationalen Meeresschutz, eine Rolle spielt er vor der eigenen Haustür offenbar trotzdem nicht. Wenn politisches Postulat nicht ewiglich Plattitüde bleiben soll, müssten politische Entscheider anfangen, den Hebel umzulegen. Für wirkungsvollen Klima-, Arten-, Biotop- und Naturschutz.”
Wir werden schauen, was wir tun können
Wir werden uns nun erstmal sammeln und schauen, was wir jetzt tun können und werden. Wir blicken dabei insbesondere in Richtung des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg, wo im Laufe der kommenden Monate die dänischen Staatsbeihilfen, die dem Tunnelbetreiber Femern A/S 2018 durch das EuGH zugesprochen wurden, noch einmal auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Im Rahmen des ersten Verfahrens dazu wurden die Beihilfen als nicht rechtmäßig beurteilt. Das Urteil in diesem neuen Verfahren könnte die Finanzierung des Projekts infrage stellen und ins Wanken bringen.
Fest steht: Seit mehr als 25 Jahren gibt es starken Widerstand gegen das Projekt der festen Fehmarnbeltquerung. In dieser Zeit ist aus einer geplanten Brücke ein Absenktunnel geworden, sind die Verkehrsprognosen immer wieder dramatisch nach unten korrigiert worden, sind immer wieder erhebliche Planungsmängel wie das “Übersehen” großflächiger Riffe offenbar geworden und sind die Kosten explodiert. Wir fordern die Politik daher bereits seit Jahren auf, sich endlich auf Artikel 22 des deutsch-dänischen Staatsvertrages zur Fehmarnbeltquerung zu besinnen und das gigantische Projekt als Ganzes zu überprüfen.
In Artikel 22 heißt es: “Sollten die Voraussetzungen für das Projekt oder Teile des Projekts sich deutlich anders entwickeln als angenommen und anders, als es zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags bekannt ist, werden die Vertragsstaaten die Lage aufs Neue erörtern. Dies gilt unter anderem für wesentliche Kostensteigerungen im Zusammenhang mit dem Projekt.”